Dienstag, 3. Februar 2009

Mr.Security


Deutscher Künstler unter Terrorverdacht
Ich hab' ihn!

Er wollte nur die zweifelhaften Reaktionen der Wachleute dokumentieren, doch nun hat er richtig Ärger durch das FBI bekommen. Wie ein deutscher Künstler zum Terrorverdächtigen wurde.
Von T. Briegleb

Eigentlich hatte Christoph Faulhaber bereits Routine mit den Men in black. Wenn er in den letzten drei Jahren in die USA einreiste und bei der Passkontrolle stand, leuchtet auf dem Bildschirm der Grenzer stets ein bestimmtes Feld auf, daraufhin erschienen Special Agents des FBI, Abteilung "counter terrorism", und verhörten ihn einige Stunden.

Einmal wurde er bereits im Flugzeug in Empfang genommen, ein Sicherheitsmann raunte in sein Headset "I got him, let's go", und dann saß er wieder stundenlang in einer weißen Zelle mit Kunstrasen beim Verhör, musste Eye-Scan, Fingerabdrücke und DNA-Probe abgeben. Das übliche Procedere halt, wenn man auf der Terrorliste der USA steht.

Künstler abseits des Kunstbooms"Ich habe jeden Abend Angst"
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Unsere Lieblinge im AprilAufbrausend und abstürzend Mit der gleichen Routine, mit der die Sicherheitsleute ihr Fragenprogramm abspulten, konnte der Hamburger Künstler die Beamten jedesmal darüber aufklären, wie er fälschlich auf die mit über eine Million Einträgen extrem aufgequollene Liste geraten war, die auch seine freundlichen Interviewer ganz offensichtlich nicht mehr für aussagekräftig hielten. Eine Kunstaktion war schuld.

Gemeinsam mit seinem Partner Lukasz Chrobok hatte Faulhaber von 2005 an als Sicherheitsmann verkleidet Fotos von verschiedenen amerikanischen Botschaften gemacht und dabei die gereizten und rechtlich zweifelhaften Reaktionen der Wachleute dokumentiert, um die prekäre Situation des öffentlichen Raums darzustellen.

Der Aktenterrorist

Als er bei der "Mister Security" genannten Aktionsserie im Januar 2005 auch die amerikanische Botschaft in Berlin fotografierte, wurde seine Kamera konfisziert, eine offensichtlich vorgeschobene Untersuchung wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte der wachhabenden Polizeibeamten eingeleitet und wieder eingestellt - und prompt war Faulhaber ein Aktenterrorist.

Auch der Special Agent, der Faulhaber im Herbst diesen Jahres in der Künstlerresidenz Location One in New York aufsuchte, wo er als Gastkünstler mit einem Stipendium der Kunststiftung Rheinland-Pfalz arbeitete, nahm die Sache nicht übermäßig aufgeregt.

Zwar beschlagnahmte der FBI-Mann zu dem üblichen Fragenmarathon auch noch Faulhabers Arbeitsmaterialien, aber nach Auswertung der Bilder und Artikel bekam Faulhaber alles zurück, mit dem Hinweis, dass gegen ihn kein Terrorismus-Verdacht bestünde - und das, obwohl Faulhabers Material aus Kriegs- und Gewaltdarstellungen bestand, zu denen er in New York ein Projekt entwickeln wollte. "Schönen Aufenthalt in den Staaten", wünschte der FBI-Mann Faulhaber noch.

Daraus wurde dann leider nichts, denn die Leitung von Location One nahm die Sache keineswegs so gelassen. Die Direktorin Claire Montgomery erschien mit zwei jungen Männern, die Faulhaber beim "Packen helfen" sollten, kurz nach dem Besuch des Terrorismus-Experten in seinem Gastatelier und erklärte ihm, dass man in Absprache mit ihren Anwälten das Risiko seiner Anwesenheit nicht vertreten könne und er sofort das Haus verlassen müsse. Seine Vermieterin, die auf den Besuch des FBI zunächst unaufgeregt reagiert hatte, bat ihn plötzlich, sein Zimmer zu räumen.


Hysterie

Und als auch die Kulturstiftung Rheinland-Pfalz erklärte, mit dem Rauswurf sei das Stipendium hinfällig, da es an den Aufenthalt in der Institution gebunden sei, stand Faulhaber plötzlich ohne Geld in New York auf der Straße. Das Beileid des FBI-Agenten, dass er das so nicht gewollt hätte, aber leider auch nichts unternehmen könne, milderte kaum Faulhabers Anflug leichter Panik, in das Räderwerk einer hysterisierten undurchsichtigen Bürokratie geraten zu sein.

Über die Hintergründe dieser absurden Überreaktionen lässt sich nur spekulieren. Weder die Direktorin noch die Presseabteilung von Location One geben zu dem Fall ein Statement ab, aber als öffentlich geförderte und von Spendern abhängige Institution hatte die Unschuldsvermutung und die Verantwortung für ihren Gast gegenüber der Angst vor unliebsamen Gerüchten offensichtlich das Nachsehen.

Der Kulturstaatssekretär von Rheinland-Pfalz, Joachim Hofmann-Göttig, begründet die übereilte Reaktion seiner Behörde rein verfahrenstechnisch, sagt aber auch, dass ihm die Einmischung in sensible internationale Angelegenheiten zu "heiß" erschienen sei, weswegen man die Umstände des Rauswurfs bei Location One nicht nachgefragt hätte.

Auf eine Klage Faulhabers hin einigte sich Hofmann-Götting mit dem Künstler immerhin außergerichtlich auf die nachträgliche Zahlung von 7000 Euro. Und beim teuersten Sicherheitsapparat der Welt kann man sich zu Recht fragen, warum es so wenig Behördenabstimmung gibt, dass man einen Besucher diverse Male seine terroristische Unverdächtigkeit bestätigen muss.

Obwohl so keineswegs beabsichtigt, stellen die Vorgänge in New York in gewisser Weise den realistischen Abschluss von Faulhabers ursprünglichem Kunstprojekt dar. Die Herausforderung des Sicherheitsapparates bringt die Kunst in so engen Kontakt mit der Wirklichkeit, dass das angespannte Verhältnis zwischen Freiheit und Überwachung umso klarer zu Tage tritt. Aber weiter treiben möchte Christoph Faulhaber dieses Experiment dann doch nicht. Von weiteren Reisen in die USA hat er erst einmal Abstand genommen.

Überwachung und Disziplinierung, wie wir sie aus modernen westlichen Gesellschaften kennen, scheint sich aus einem zentralen Impuls zu speisen:
Der Angst vor Kontrollverlust.
Das ins Feld geführte Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung taucht dabei als imaginäres Konstrukt auf, das schwerlich zu fassen ist. Sicherheit, oder das Bedürfnis nach Sicherheit, tritt hierbei als Knotenpunkt eines Diskurses zu Tage, der auf eine Vielzahl gesellschaftlicher Aspekte verweist. Die aktuelle Debatte zur Überwachung des öffentlichen Raums koppelt sich an die Frage nach der Freiheit des Einzelnen in unserer Gesellschaft und der Neuformulierung des dynamischen Verhältnisses von Sicherheit, Freiheit und Kontrolle in demokratischen Gesellschaften. Die staatliche Kontrolle im privaten und öffentlichen Raum und die Techniken der Disziplinierung des Einzelnen erscheinen heute als virulente gesellschaftliche Themen, die in stetiger Neuformulierung hervortreten.

In den Jahren 2004 bis 2006 beschäftigte sich der fiktive Sicherheitsdienst ‚Mister Security’ von Chrobok und Faulhaber mit der Sicherung der Botschaften und Konsulate der USA in Deutschland und Polen. Die beiden Künstler traten dabei in Uniformen auf, wie man sie von privaten Sicherheitsdiensten kennt. Das Ziel des Unternehmens ‚Mister Security’ ist die Überwachung und Sicherung gefährdeter Objekte, die einem erhöhten Sicherheitsbedürfnis, wie die offizielle Sprachregelung darstellt, unterstehen.



Erst in der Dokumentation aller Aktionen, die in der Roadshow 2006 nochmals die Ergebnisse und Ereignisse der bisherigen Überwachungen durch ‚Mister Security’ dokumentierte und dazu erneut mit dem gesammelten Material vor die Botschaften und Konsulate zurückkehrte, wird offensichtlich, wie komplex der Austausch von Informationen zwischen den deutschen und amerikanischen Behörden und der weiterführenden Überwachung und Befragung der Protagonisten aufgebaut ist. Letztendlich verweist die im Rahmen der Ausstellung präsentierte Dokumentation, als Ergebnis der unterschiedlichen Aktionen und ihren Reaktionen von Seiten der US amerikanischen Behörden sowie der deutschen, auf vielschichtige Fragen zur Nutzung und Veränderung des Öffentlichen, der Überwachung und Disziplinierung des Einzelnen und des vermeintlichen Bedrohungspotentials durch die visuelle Dokumentation des öffentlichen Raumes.

Quelle:sueddeutsche.de und basis-frankfurt.de

Kommentar:Können sich die Menschen eigentlich noch an eine Zeit ohne Überwachungswahn,Terrorismus das Unwort des Jahrtausends,Knappheit,etc..erinnern,was ist denn bitteschön in der Welt besser geworden,außer das 1 Millionen Menschen auf irgendeiner Liste stehen,wer schützt uns den bitte vor illegalen Aktionen von Konzernen,wenn jemand einen Euro aus einer Kasse entnimmt,verliert er seinen Job,wenn Vorstände,Politiker,Banker,usw..sich am Unternehmen oder am Staat bereichern,zahlt es der Steuerzahler die legale Milchsau..wie dumm sind die Menschen eigentlich noch,es ist Zeit für Utopien und andere Lebensweisen,fernab von unserem aufgedrücktem Mainstreammüll,die wollen uns mit allen Mitteln für dumm verkaufen,damit sie uns weiterhin einfach kontrollieren können,und wir auf ihre billigen Wahlversprechen reinfallen,Sagt Nein...und klärt euch auf,wer die da oben eigentlich sind,denen ihr die Stimme gibt!

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