Montag, 23. März 2009

Dutschke bei Gaus Teil 1



Das Gespräch sendete das „Deutsche Fernsehen"

„Das Erste"(Produktion des Südwestfunks SWF), 3.12.1967

Auszüge aus einer Fernsehkritik - DIE ZEIT 21/1993 S. 50

„Zu Protokoll. Günter Gaus interviewt Rudi Dutschke"

Rückblicke, Bilanzen, Epitaphe -- sie alle müssen ihn verfehlen, den Geist von 68, auch 25 Jahre danach. Vor allem die ehemals Beteiligten, die heute doppelt so alt sind, wissen meist nicht mehr, wovon sie reden. Glücklicherweise gibt es Kameras und Fernsehsender. Selbst ein bescheidenes Dreiviertelstündchen-Interview bewahrt und verrät heute mehr von jener Zeit als ganze Bände voller Reminiszenzen.

Günter Gaus mit Rudi Dutschke, im Dezember 1967 in einem Studio des Südwestfunks -- kein Schmuck, kein Trick, keine Musik, die Sendung lebt vom Wort und lebt bis heute kraftvoller als sämtliche Talk-Shows eines ganzen Jahres. Das liegt nicht nur daran, dass hier zwei Leute miteinander sprechen, die was zu sagen haben, sondern dass das Wort, noch nicht entwertet durch televisionäre Redeflut, den Interviewpartnern selbst etwas gilt. Hier werden keine Worte verraten, weil ja Fernsehsekunden teuer sind und deshalb gekrallt werden müssen, sondern Worte werden gesucht und sorgsam geformt. Hier wird erörtert -- mit Feuer und Konzentration. So etwas gibt es im Fernsehen nicht mehr. Gaus, selbst ja damals noch nicht alt, aber „etabliert" interviewt in Dutschke die junge Generation, die „so" nicht mehr weitermachen will. Aber Gaus kennt die Welt nur „so", und er ist nicht fähig, sie sich anders zu denken. Das Interview lebt von der Spannung, dass beide Mühe haben, einander zu verstehen, es aber unbedingt wollen. „Wer führt Ihre Bewegung?" fragt Gaus, und Dutschke sagt: „Die Menschen führen sich selbst." -- „Wie verhindern Sie Minderheiten-Terror?" -- „Wir werden Mehrheit, oder wir scheitern." -- „Sie werden Gefängnisse brauchen ..., KZs ..." -- „Es hängt vom Willen der Menschen ab, ob sie zur Freiheit finden. Wir können eine Welt gestalten, wie sie die Welt noch nie gesehen hat." Während Gaus durch jede Rebellion die noch unreife Demokratie der Bundesrepublik gefährdet sieht, erscheint Dutschke diese Demokratie mürbe und faul. „Sind Sie antiparlamentarisch?" -- „Ja, weil die wirklichen Bedürfnisse der Menschen im Parlament nicht vorkommen."


Das was dieser Mann sagt, ist, obwohl mehr als 30 Jahre alt, gerade heute hochaktuell. Dieser Mann hat sich Gedanken und Ideen gemacht, ein echter Revolutionär!

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