Die möglichen Kriege Obamas
MOSKAU, 04. Dezember (Ilja Kramnik, RIA Novosti). Die Vereidigung der neuen US-Regierung wird vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzkrise sowie der andauernden Konflikte in einigen „Brennpunkten“ stattfinden.
Das wirft die Frage auf, welche Konflikte die Chance haben, beendet zu werden, und welche während der Amtszeit Barack Obamas noch intensiver werden. Um zu verstehen, wie sich die militärische Politik der USA ändern dürfte, müssen wir zuerst diejenigen Leute in Augenschein nehmen, die bestellt sind, um diese Politik auszuführen.
Der jetzige US-Verteidigungsminister Robert Gates wird seinen Posten behalten. Der frühere Oberbefehlshaber der Nato, James Jones, soll Sicherheitsberater des designierten US-Präsidenten Barack Obama werden. All das bedeutet mit Sicherheit, dass die USA sich nicht aus allen Brennpunkten und Konflikten fluchtartig zurückziehen werden, dass sie nicht sofort und überall alle Kampfhandlungen einstellen werden.
Doch auf einigen Kriegsschauplätzen erwarten uns dennoch gewichtige Veränderungen. Eines der zentralen Wahlversprechen Obamas war das Versprechen, die US-Truppen aus dem Irak abzuziehen. Gegenwärtig ist von 16 Monaten die Rede, innerhalb derer die US-Streitmacht den Irak verlassen könnte. Doch es ist kaum zu erwarten, dass nach dem Abzug der US-Truppen der Konflikt im Irak ein Ende finden würde.
Das Fehlen einer im Irak dominierenden militärisch-poliitischen Kraft wird es wohl keiner der dortigen Konfliktparteien erlauben, das Land unter seiner Kontrolle zu vereinigen, daher müssen wir uns auf einen Konflikt mit einem schleichenden Verlauf einstellen.
Der Konflikt in Afghanistan hingegen hat alle Chancen, erst richtig aufzuflammen. Barack Obama hat selbst unlängst erklärt, „der Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan bleibt eine der vorrangigen Aufgaben Washingtons“. Das US-Verteidigungsamt hat bereits angekündigt, die in Afghanistan stationierten Truppen zahlenmäßig auf mehr als 50 000 Mann verstärken zu wollen. Indem aber die USA in diesen Konflikt immer mehr hineingeraten, laufen sie Gefahr, genauso wie die UdSSR, sich dort festzufahren.
Iran bleibt sicher ganz oben auf der Prioritätsliste der neuen US-Regierung, doch unter den heutigen Umständen werden die USA kaum einen neuen Krieg in dieser Region riskieren. Es ist zu erwarten, dass die Amerikaner hier eher versuchen werden, Iran von innen zu beeinflussen, indem sie die Kräfte, die in Opposition zum heutigen Mullah-Regime stehen, verstärkt unterstützen.
Die USA werden auch die Geschehnisse auf dem Territorium der ehemaligen UdSSR und insbesondere in der Schwarzmeerregion sehr aufmerksam verfolgen. Washington ist gewillt, mit allen Mitteln die Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine und Georgien zu erwirken.
Doch nur die baltischen Staaten sowie Polen teilen im „alten Europa“ diese Position vorbehaltlos. Die „alten“ Nato-Staaten lehnen entweder dieses Vorhaben kategorisch ab oder vertreten die Meinung, dass die Zeit noch nicht reif genug dafür sei.
Es ist kaum zu erwarten, dass sowohl Georgien als auch die Ukraine alsbald dem Bündnis werden beitreten können, doch die Wahrscheinlichkeit eines neuen Konfliktes zwischen Russland und Georgien bleibt relativ hoch. Sowohl die durch die Ukraine angekündigte Truppenverlegung in Richtung östlicher und südöstlicher Grenze (näher an Russland) als auch die Handlungen der USA, die urplötzlich die Entscheidung getroffen haben, die „Kriegsrisiken“ der amerikanischen Handelsschiffe im Schwarzen Meer aus Staatsmitteln zu versichern, sehen nicht gerade vertrauenswürdig aus.
Dennoch, sollte innerhalb der Zeit, die noch bis zu der Wachablösung im Weißen Haus (20. Januar) geblieben ist, kein neuer Konflikt zwischen Moskau und Tiflis ausbrechen, kann man sagen, dass die Wahrscheinlichkeit eines neuen Konfliktes rasch abnehmen wird: Die US-Regierung braucht absolut keinen neuen offenen Krieg zwischen Russland und Georgien, um so weniger mit einer Beteiligung der Ukraine.
Doch die Unterstützung des Strebens dieser Länder nach einer Nato-Mitgliedschaft wird sich fortsetzen. Die USA werden die Aufstellung ihres in Osteuropa zu stationierenden Raketenschildes ebenfalls vorantreiben.
Es hat auch keinen Sinn zu erwarten, dass in anderen Regionen dieser Erde offene Konflikte ausbrechen würden. Die demokratischen US-Regierungen setzen in den letzten Jahrzehnten eher auf ein Aufweichen und Zerbröckeln mutmaßlicher Feinde durch die Unterstützung der in diesen Ländern arbeitenden und oppositionell gesinnten Kräfte.
Es ist zu erwarten, dass die USA versuchen werden, genau auf diese Weise das Venezuela-Problem zu lösen. Sie werden die Oppositionskräfte in diesem Land, auch finanziell, unterstützen, ohne sich dabei direkt einmischen zu wollen.
Insgesamt kann man sagen, dass die internationale Lage kaum entspannter wird. Die globale Wirtschaftskrise beginnt erst. Der Verlauf dieser Krise kann die politischen Pläne der führenden Weltmächte sehr ernsthaft korrigieren.
Quelle:Ria Novosti
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