Netanyahus
Kriegsverbrechen
Philip Giraldi
Die Frage, wer
den jüngsten Kampf in und um Gaza „gewonnen“
hat, ist bereits ausführlich diskutiert worden, obwohl
diese Frage an sich gar nicht relevant ist, nachdem beide
Seiten weitgehend zum vorhergehenden Zustand
zurückgekehrt sind. Hamas hat sich tatsächlich als
fähig erwiesen, Widerstand gegen Israel zu leisten und
dadurch den Respekt der arabischen Nachbarn erworben,
während ihr politischer Gegner Fatah wieder einen
schwachen und unentschlossenen Eindruck gemacht hat. Von
einigen wird auch als entscheidend angeführt, dass viele
der häufig hausgemachten Raketen Gazas die israelischen
Verteidigungsanlagen durchdringen konnten und sogar in
der Nähe von Tel Aviv eingeschlagen haben, aber in
Wirklichkeit war der tatsächliche Impakt eher
psychologisch als tödlich. Israel musste klein beigeben,
weil sich herausstellte, dass es in Gaza keine wirklich
militärischen Ziele mehr gab und nur Zivilisten, viele
von ihnen Kinder, getötet wurden. Die Luftangriffe
weiterzuführen oder eine Bodeninvasion zu beginnen
hätte nur zu einem größeren Public Relations-Sieg der
Palästinenser vor dem Gericht der Weltmeinung
geführt.
Experten, die
ihre Stichworte direkt vom israelischen Außenministerium
bekamen, waren nicht unbedingt dieser Meinung und
behaupteten schnell, dass Israel gewonnen habe, denn bei
eigenen kleinen Verlusten von nur sechs Toten richtete es
großen Schaden an der Infrastruktur Gazas an und tötete
163 palästinensische „Terroristen.” Die
israelische Regierung behauptete steif und fest, dass
„alle Ziele erreicht worden sind,“ was
vermutlich heißen soll, dass die Fähigkeit der Bewohner
Gazas, weiterhin hausgestrickte Raketen nach Israel zu
schicken, ernsthaft eingeschränkt wurde, was sein kann
oder auch nicht. Auf einer politischen Ebene war
Netanyahus raue Vorgangsweise gegen Gaza ursprünglich
als Stimmengewinner in Hinblick auf die Wahlen im Januar
betrachtet worden, eine Überlegung, die sicher in seine
Bereitschaft einging, in den Krieg zu ziehen, obwohl
jetzt viele Israelis darüber enttäuscht sind, dass er
nicht weit genug gegangen ist.
Aber die
Raketen zu stoppen und eine Aufführung militärischen
Heldenmuts vor einer Wahl waren vielleicht nicht die
wahren Motive. Bedrohlicher als das, einige Medien haben
sowohl in Israel als auch in den Vereinigten Staaten von
Amerika Timing und Natur des Angriffs auf Gaza als
Testlauf für einen Angriff auf den Iran beschrieben.
Wenn das das wahre Motiv hinter der israelischen Attacke
war, dann heißt das, das ein Krieg einfach begonnen
worden sein könnte, nur um Israels Raketenabwehrsystem
unter realistischen Bedingungen zu testen. Sollte das so
sein, dann wäre „Operation Säule der Verteidigung“
vergleichbar mit den Deutschen und Italienern, welche
spanische „lebende Ziele“ benutzten, um 1937
die Leistung ihrer neuen Waffen zu beurteilen.
Andere Berichte
aus Israel und auch einige Analysen des Kampfes durch
amerikanische Experten enthüllen, dass Premierminister
Benhamin Netanyahu anscheinend in Betracht gezogen hat,
die Fähigkeit seines Landes, viele Raketen aus Gaza
abzufangen, als Hinweis darauf zu nehmen, dass iranische
Raketen, sollte er dieses Land angreifen wollen, in
ähnlicher Weise abgewehrt werden könnten, was die
absurden Behauptungen seiner Regierung untermauern
würde, dass ein Krieg gegen den Iran nicht mehr als 500
Israelis töten würde. Die israelische Regierung hat
steif und fest behauptet, dass zwischen 84% und 90% der
Raketen aus Gaza abgefangen wurden, aber eine Berechnung
des Verteidigungsministeriums ergibt abweichend davon:
„Seit Beginn der Operation Säule der Verteidigung
haben laut Berichten der Armee 1.382 in Gaza abgefeuerte
Raketen Israel getroffen, wobei weitere 389 vom Iron
Dome-Raketenabwehrsystem abgefangen wurden. Aus dieser
Anzahl trafen 138 Raketen Israel am Dienstag und töteten
zwei Israelis. Weitere 51 wurden von Iron Dome
abgefangen, gab das Militär bekannt.“ Andere
Schätzungen besagen, dass 70% der Geschosse und Raketen
aus Gaza in Israel einschlugen, ohne abgefangen zu
werden.
Die Antwort der
israelischen Regierung auf diese Zahlen war die
Behauptung, dass es die meisten Einschläge in
Landesteilen gab, die nicht von Iron Dome geschützt
wurden. Sie versprach, die Pläne zu beschleunigen, mehr
Teile des Landes über die derzeitigen Schwerpunkte
entlang der Grenzen zum Libanon und rund um Jerusalem und
Tel Aviv hinaus aufzurüsten. Iron Dome wird weitgehend
von den Vereinigten Staaten von Amerika bezahlt, obwohl
Israel eifrig an seiner internationalen Vermarktung an
Länder wie Südkorea arbeitet. Der letzte Woche
vereinbarte Waffenstillstand wurde versüßt durch ein
Angebot Präsident Obamas, die Steuerzahler der
Vereinigten Staaten von Amerika die Kosten für noch mehr
Iron Dome tragen zu lassen.
Israels
Raketenabwehr ist vielleicht wirklich von zweifelhaftem
Wert. Bedenken wir einmal die Wirtschaftlichkeit von Iron
Dome. Derzeit gibt es fünf Operationseinheiten, die zu
den Einsatzorten gebracht werden. Jede hat $50 Millionen
gekostet. Israel möchte letztendlich 13 von diesen
einsetzen, alle bezahlt vom Steuerzahler der Vereinigten
Staaten von Amerika. In den jüngsten Kämpfen
verschossen die Einheiten Antiraketen-Raketen im
geschätzten Wert von $25 – 30 Millionen, mit
geschätzten Kosten pro Stück in der Höhe von $50.000.
Der „Ansturm“ aus Gaza war unbedeutend im
Vergleich zu dem, was auf Israel zukommen würde aus
Südlibanon und Iran, falls ein größerer Krieg
ausbricht. Der Iran verfügt über moderne Raketen und
Cruise Missiles, von denen einige genügend Reichweite
haben, um Israel zu erreichen, auch Hezbollah im Libanon
verfügt über beträchtliche Kapazitäten, darunter
Drohnen zur Zielerfassung innerhalb Israels, und ein
Arsenal, das nach manchen Schätzungen über 40.000
Raketen verschiedener Typen enthält. Die Waffen aus Gaza
waren weitgehend hausgemacht, gelegentlich aus
hineingeschmuggelten iranischen Flugzeugteilen, obwohl
auch eine Kopie einer iranischen Fajr-5 Rakete eingesetzt
wurde, die erfolgreich in den Luftraum von Tel Aviv
eindrang und ein Gebäude zerstörte. Die am häufigsten
eingesetzten Raketen, modifizierte Qassams, sind zwar
nicht auf hoch entwickeltem Stand, dafür kostet die
Herstellung etwa $100. In einem Zermürbungskrieg gegen
seine Nachbarn würde Israel von allen Seiten angegriffen
von Wellen von Geschossen und Raketen, die die
Verteidigung überwältigen würden und es wäre bald
fertig mit seinem Bestand von Verteidigungsraketen zum
Stückpreis von $50.000, die die viel billigeren
ankommenden Waffen bekämpfen sollen. Das erinnert an
Rudyard Kiplings Gedicht „Arithmetik an der Front,“
in dem er beschreibt, wie ein hochgebildeter britischer
Offizier von einem ungebildeten afghanischen Bauern
abgeschossen werden könnte, der „mit perfekten
Augen gesegnet“ nur eine altertümliche Muskete
handhabt – „Die Chancen stehen auf Seiten des
billigeren Mannes.“
Und da ist auch
eine größere Angelegenheit, die hinausgeht über die
Brauchbarkeit von Iron Dome, nämlich die eines weiteren
Kriegsverbrechens, das von der israelischen Regierung
begangen wird. Das Nürnberger Tribunal stellte fest,
dass einen Angriffskrieg zu beginnen das ultimative
Kriegsverbrechen ist, indem alle weiteren Übel daraus
entspringen. Israel behauptet, dass es die Palästinenser
bestraft hat als Reaktion auf Raketenangriffe auf den
Süden Israels, die im Lauf des vergangenen Jahres aus
Gaza gekommen sind. Aber die weitgehend hausgemachten
Raketen richteten in Israel wenig Schaden an und töteten
niemanden. Viele Beobachter glauben, dass es sich bei den
meisten der Raketenabschüsse um Aktionen von
Einzelgängern handelte, die nicht von Hamas getragen
waren und durchgeführt wurden als Reaktionen auf Tel
Avivs Umklammerung der Wirtschaft Gazas und dessen
vorsätzlicher Politik, die palästinensische
Bevölkerung auszuhungern. Man muss davon ausgehen, dass
Israel wusste, dass es nicht ernsthaft bedroht war und
sich Zeit und Ort aussuchte, um seine Rache aus anderen,
hauptsächlich politischen Gründen zu erzielen. Es nahm
sich den Sicherheitschef der Hamas Ahmed al-Jabari zum
Ziel und brachte ihn um, der laut Berichten einen Plan
für einen permanenten Waffenstillstand mit Israel
entwickelt hatte. Al-Jabaris Tod setzte jeglichen
Friedensbemühungen ein Ende und diente als vorsätzliche
Provokation, die zu palästinensischer Vergeltung führte
und einem plausiblen casus belli, was darauf schließen
lässt, dass es ein inszeniertes Ereignis war.
Wenn der Krieg
begonnen wurde, nur um ein Raketenabwehrsystem zu testen
und um die Menschen Israels auf einen möglichen Konflikt
in der Zukunft vorzubereiten, dann ist das mehr als
empörend. Nicht nur bereitete sich Netanyahu darauf vor,
in großem Ausmaß wehrlose Palästinenser zu töten, er
setzte auch seine eigenen Landsleute aufs Spiel und
involvierte bewusst die Vereinigten Staaten von Amerika
als Komplizen bei seinem eigenen rücksichtslosen
Verhalten. Israel und seine Freunde sagen gerne, dass da
ein Irrer frei herumläuft im Mittleren Osten, wenn sie
vom iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad reden,
aber in Wirklichkeit gibt es dort nur einen Verrückten,
der unverdrossen Krieg sucht und noch mehr Krieg - und
das ist Israels Premierminister Benjamin Netanyahu.
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erschienen am 29. November 2012 auf > www.antiwar.com > Artikel | ||
Donnerstag, 6. Dezember 2012
Netanyahus Kriegsverbrechen
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