Donnerstag, 6. Dezember 2012

Netanyahus Kriegsverbrechen

Netanyahus Kriegsverbrechen
Philip Giraldi


Die Frage, wer den jüngsten Kampf in und um Gaza „gewonnen“ hat, ist bereits ausführlich diskutiert worden, obwohl diese Frage an sich gar nicht relevant ist, nachdem beide Seiten weitgehend zum vorhergehenden Zustand zurückgekehrt sind. Hamas hat sich tatsächlich als fähig erwiesen, Widerstand gegen Israel zu leisten und dadurch den Respekt der arabischen Nachbarn erworben, während ihr politischer Gegner Fatah wieder einen schwachen und unentschlossenen Eindruck gemacht hat. Von einigen wird auch als entscheidend angeführt, dass viele der häufig hausgemachten Raketen Gazas die israelischen Verteidigungsanlagen durchdringen konnten und sogar in der Nähe von Tel Aviv eingeschlagen haben, aber in Wirklichkeit war der tatsächliche Impakt eher psychologisch als tödlich. Israel musste klein beigeben, weil sich herausstellte, dass es in Gaza keine wirklich militärischen Ziele mehr gab und nur Zivilisten, viele von ihnen Kinder, getötet wurden. Die Luftangriffe weiterzuführen oder eine Bodeninvasion zu beginnen hätte nur zu einem größeren Public Relations-Sieg der Palästinenser vor dem Gericht der Weltmeinung geführt. 
Experten, die ihre Stichworte direkt vom israelischen Außenministerium bekamen, waren nicht unbedingt dieser Meinung und behaupteten schnell, dass Israel gewonnen habe, denn bei eigenen kleinen Verlusten von nur sechs Toten richtete es großen Schaden an der Infrastruktur Gazas an und tötete 163 palästinensische „Terroristen.” Die israelische Regierung behauptete steif und fest, dass „alle Ziele erreicht worden sind,“ was vermutlich heißen soll, dass die Fähigkeit der Bewohner Gazas, weiterhin hausgestrickte Raketen nach Israel zu schicken, ernsthaft eingeschränkt wurde, was sein kann oder auch nicht. Auf einer politischen Ebene war Netanyahus raue Vorgangsweise gegen Gaza ursprünglich als Stimmengewinner in Hinblick auf die Wahlen im Januar betrachtet worden, eine Überlegung, die sicher in seine Bereitschaft einging, in den Krieg zu ziehen, obwohl jetzt viele Israelis darüber enttäuscht sind, dass er nicht weit genug gegangen ist. 
Aber die Raketen zu stoppen und eine Aufführung militärischen Heldenmuts vor einer Wahl waren vielleicht nicht die wahren Motive. Bedrohlicher als das, einige Medien haben sowohl in Israel als auch in den Vereinigten Staaten von Amerika Timing und Natur des Angriffs auf Gaza als Testlauf für einen Angriff auf den Iran beschrieben. Wenn das das wahre Motiv hinter der israelischen Attacke war, dann heißt das, das ein Krieg einfach begonnen worden sein könnte, nur um Israels Raketenabwehrsystem unter realistischen Bedingungen zu testen. Sollte das so sein, dann wäre „Operation Säule der Verteidigung“ vergleichbar mit den Deutschen und Italienern, welche spanische „lebende Ziele“ benutzten, um 1937 die Leistung ihrer neuen Waffen zu beurteilen.
Andere Berichte aus Israel und auch einige Analysen des Kampfes durch amerikanische Experten enthüllen, dass Premierminister Benhamin Netanyahu anscheinend in Betracht gezogen hat, die Fähigkeit seines Landes, viele Raketen aus Gaza abzufangen, als Hinweis darauf zu nehmen, dass iranische Raketen, sollte er dieses Land angreifen wollen, in ähnlicher Weise abgewehrt werden könnten, was die absurden Behauptungen seiner Regierung untermauern würde, dass ein Krieg gegen den Iran nicht mehr als 500 Israelis töten würde. Die israelische Regierung hat steif und fest behauptet, dass zwischen 84% und 90% der Raketen aus Gaza abgefangen wurden, aber eine Berechnung des Verteidigungsministeriums ergibt abweichend davon: „Seit Beginn der Operation Säule der Verteidigung haben laut Berichten der Armee 1.382 in Gaza abgefeuerte Raketen Israel getroffen, wobei weitere 389 vom Iron Dome-Raketenabwehrsystem abgefangen wurden. Aus dieser Anzahl trafen 138 Raketen Israel am Dienstag und töteten zwei Israelis. Weitere 51 wurden von Iron Dome abgefangen, gab das Militär bekannt.“ Andere Schätzungen besagen, dass 70% der Geschosse und Raketen aus Gaza in Israel einschlugen, ohne abgefangen zu werden.  
Die Antwort der israelischen Regierung auf diese Zahlen war die Behauptung, dass es die meisten Einschläge in Landesteilen gab, die nicht von Iron Dome geschützt wurden. Sie versprach, die Pläne zu beschleunigen, mehr Teile des Landes über die derzeitigen Schwerpunkte entlang der Grenzen zum Libanon und rund um Jerusalem und Tel Aviv hinaus aufzurüsten. Iron Dome wird weitgehend von den Vereinigten Staaten von Amerika bezahlt, obwohl Israel eifrig an seiner internationalen Vermarktung an Länder wie Südkorea arbeitet. Der letzte Woche vereinbarte Waffenstillstand wurde versüßt durch ein Angebot Präsident Obamas, die Steuerzahler der Vereinigten Staaten von Amerika die Kosten für noch mehr Iron Dome tragen zu lassen. 
Israels Raketenabwehr ist vielleicht wirklich von zweifelhaftem Wert. Bedenken wir einmal die Wirtschaftlichkeit von Iron Dome. Derzeit gibt es fünf Operationseinheiten, die zu den Einsatzorten gebracht werden. Jede hat $50 Millionen gekostet. Israel möchte letztendlich 13 von diesen einsetzen, alle bezahlt vom Steuerzahler der Vereinigten Staaten von Amerika. In den jüngsten Kämpfen verschossen die Einheiten Antiraketen-Raketen im geschätzten Wert von $25 – 30 Millionen, mit geschätzten Kosten pro Stück in der Höhe von $50.000. Der „Ansturm“ aus Gaza war unbedeutend im Vergleich zu dem, was auf Israel zukommen würde aus Südlibanon und Iran, falls ein größerer Krieg ausbricht. Der Iran verfügt über moderne Raketen und Cruise Missiles, von denen einige genügend Reichweite haben, um Israel zu erreichen, auch Hezbollah im Libanon verfügt über beträchtliche Kapazitäten, darunter Drohnen zur Zielerfassung innerhalb Israels, und ein Arsenal, das nach manchen Schätzungen über 40.000 Raketen verschiedener Typen enthält. Die Waffen aus Gaza waren weitgehend hausgemacht, gelegentlich aus hineingeschmuggelten iranischen Flugzeugteilen, obwohl auch eine Kopie einer iranischen Fajr-5 Rakete eingesetzt wurde, die erfolgreich in den Luftraum von Tel Aviv eindrang und ein Gebäude zerstörte. Die am häufigsten eingesetzten Raketen, modifizierte Qassams, sind zwar nicht auf hoch entwickeltem Stand, dafür kostet die Herstellung etwa $100. In einem Zermürbungskrieg gegen seine Nachbarn würde Israel von allen Seiten angegriffen von Wellen von Geschossen und Raketen, die die Verteidigung überwältigen würden und es wäre bald fertig mit seinem Bestand von Verteidigungsraketen zum Stückpreis von $50.000, die die viel billigeren ankommenden Waffen bekämpfen sollen. Das erinnert an Rudyard Kiplings Gedicht „Arithmetik an der Front,“ in dem er beschreibt, wie ein hochgebildeter britischer Offizier von einem ungebildeten afghanischen Bauern abgeschossen werden könnte, der „mit perfekten Augen gesegnet“ nur eine altertümliche Muskete handhabt – „Die Chancen stehen auf Seiten des billigeren Mannes.“
Und da ist auch eine größere Angelegenheit, die hinausgeht über die Brauchbarkeit von Iron Dome, nämlich die eines weiteren Kriegsverbrechens, das von der israelischen Regierung begangen wird. Das Nürnberger Tribunal stellte fest, dass einen Angriffskrieg zu beginnen das ultimative Kriegsverbrechen ist, indem alle weiteren Übel daraus entspringen. Israel behauptet, dass es die Palästinenser bestraft hat als Reaktion auf Raketenangriffe auf den Süden Israels, die im Lauf des vergangenen Jahres aus Gaza gekommen sind. Aber die weitgehend hausgemachten Raketen richteten in Israel wenig Schaden an und töteten niemanden. Viele Beobachter glauben, dass es sich bei den meisten der Raketenabschüsse um Aktionen von Einzelgängern handelte, die nicht von Hamas getragen waren und durchgeführt wurden als Reaktionen auf Tel Avivs Umklammerung der Wirtschaft Gazas und dessen vorsätzlicher Politik, die palästinensische Bevölkerung auszuhungern. Man muss davon ausgehen, dass Israel wusste, dass es nicht ernsthaft bedroht war und sich Zeit und Ort aussuchte, um seine Rache aus anderen, hauptsächlich politischen Gründen zu erzielen. Es nahm sich den Sicherheitschef der Hamas Ahmed al-Jabari zum Ziel und brachte ihn um, der laut Berichten einen Plan für einen permanenten Waffenstillstand mit Israel entwickelt hatte. Al-Jabaris Tod setzte jeglichen Friedensbemühungen ein Ende und diente als vorsätzliche Provokation, die zu palästinensischer Vergeltung führte und einem plausiblen casus belli, was darauf schließen lässt, dass es ein inszeniertes Ereignis war.
Wenn der Krieg begonnen wurde, nur um ein Raketenabwehrsystem zu testen und um die Menschen Israels auf einen möglichen Konflikt in der Zukunft vorzubereiten, dann ist das mehr als empörend. Nicht nur bereitete sich Netanyahu darauf vor, in großem Ausmaß wehrlose Palästinenser zu töten, er setzte auch seine eigenen Landsleute aufs Spiel und involvierte bewusst die Vereinigten Staaten von Amerika als Komplizen bei seinem eigenen rücksichtslosen Verhalten. Israel und seine Freunde sagen gerne, dass da ein Irrer frei herumläuft im Mittleren Osten, wenn sie vom iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad reden, aber in Wirklichkeit gibt es dort nur einen Verrückten, der unverdrossen Krieg sucht und noch mehr Krieg - und das ist Israels Premierminister Benjamin Netanyahu.
 
     
  erschienen am 29. November 2012 auf > www.antiwar.com > Artikel  
 

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